Einleitung
In einer aktuellen Entscheidung hat das BAG (Urteil vom 07. Februar 2024 – 7 ABR 8/23) den Grundsatz bekräftigt, dass Betriebsräte und Personalvertretungen das Format ihrer Schulungen – ob Präsenz oder online – nach eigenem Ermessen wählen dürfen.
Dies ermöglicht es Betriebsräten, Bildungsformate zu wählen, die am besten zu den spezifischen Bedürfnissen ihrer Mitglieder passen. Ob die Entscheidung für Online-Kurse fällt, die Flexibilität und Zugänglichkeit erhöhen, oder für Präsenzschulungen, die eine direktere Interaktion und Diskussion ermöglichen, liegt nun vollständig in der Hand der Vertretungen.
Der Fall
Im vorliegenden Fall entschied sich die Personalvertretung des Kabinenpersonals für eine Präsenzschulung zum Thema „Betriebsverfassungsrecht 1“, obwohl gleichzeitig ein inhaltsgleiches Webinar angeboten wurde. Der Arbeitgeber verweigerte die Übernahme der durch die Präsenzschulung entstehenden zusätzlichen Kosten (ca. 1.300 Euro), was die Personalvertretung nicht akzeptierte und rechtliche Schritte einleitete.
Die Entscheidung
Das BAG bestätigte mit seinem Urteil vom 07. Februar 2024 – 7 ABR 8/23 – die Entscheidung der Vorinstanz, das Landesarbeitsgericht Düsseldorf, und gab der Personalvertretung Recht. Das Gericht argumentierte, dass im Rahmen des § 37 Abs. 6 BetrVG der Personalvertretung ein Ermessensspielraum bei der Auswahl der Schulungsformate zusteht. Es betonte, dass persönlicher Austausch in Präsenzveranstaltungen ein qualitativer Vorteil sein kann, der die Entscheidung für das teurere Format rechtfertigt.
Gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG haben Betriebsräte das Recht, an Schulungen teilzunehmen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Kosten für solche Schulungen zu tragen, einschließlich Reise-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten. Diese Regelung unterstreicht die Bedeutung der fortlaufenden Bildung für Betriebsräte und deren Recht, eigenständig über das Format der Schulungen zu entscheiden.
Bedeutung der Entscheidung für die Praxis
Diese Entscheidung des BAG bekräftigt die Unabhängigkeit der Betriebsräte bei der Auswahl ihrer Schulungsformate. Sie zeigt, dass das Gericht den Fokus auf die Qualität und die spezifischen Bedürfnisse der Schulungsteilnehmer legt. Für Arbeitgeber bedeutet dies, dass sie auch die Kosten für teurere Präsenzschulungen tragen müssen, wenn der Betriebsrat dies für notwendig erachtet.
Das Urteil des BAG ist ein klares Zeichen dafür, dass Betriebsräte ihre Weiterbildung selbst gestalten dürfen. Das Gericht sagt damit auch zu allen Arbeitgebern: Ihr müsst die Entscheidungen der Betriebsräte akzeptieren. Besonders betont das Urteil, wie wichtig es ist, dass sich Menschen persönlich treffen und austauschen können, was meistens besser in direkten Treffen als über das Internet funktioniert.
Als Rechtsanwalt und Dozent mit umfangreicher Erfahrung in der Schulung von Betriebsräten, bin ich ein überzeugter Befürworter von Präsenzschulungen, da der direkte Kontakt zwischen Lehrkraft und Teilnehmern meiner Ansicht nach entscheidend für die effektive Vermittlung komplexer rechtlicher Inhalte ist. In Präsenzveranstaltungen ist es möglich, sofort auf Zeichen verminderter Aufmerksamkeit zu reagieren, indem durch Themenwechsel oder den Aufbau von Spannungsbögen die Teilnehmer wieder aktiv eingebunden werden. Diese dynamische Interaktion geht bei Online-Schulungen verloren, wo der Blick auf einen Bildschirm mit mehreren Teilnehmern diese Feinheiten der Kommunikation nicht zulässt.
Darüber hinaus fördert die physische Präsenz einen lebendigen und unmittelbaren Austausch unter den Teilnehmern, der durch moderierte Diskussionen bereichert wird. Diese Art der Interaktion schafft eine Lernumgebung, die nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch den kritischen Diskurs und das Netzwerken unter den Betriebsräten fördert, was in virtuellen Formaten oft zu kurz kommt.
Philipp Arndt-Wende
Rechtsanwalt