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Sachverhalt

Der Betriebsrat verlangte von der Arbeitgeberin, ihm ein Verzeichnis über alle im Betrieb und Unternehmen beschäftigten „schwerbehinderten und diesen gleichgestellten behinderten Menschen im Sinne von § 2 SGB IX“ zu übermitteln. Die Arbeitgeberin erteilte daraufhin lediglich die Auskunft, der Schwellenwert für die Wahl einer Schwerbehindertenvertretung im Betrieb sei erreicht.

Die nähere Auskunft zur Anzahl und den Namen der Personen verweigerte die Arbeitgeberin unter Verweis auf ein vom Betriebsrat unzureichendes internes Datenschutzkonzept und darauf, dass vom Begehr auch leitende Angestellte erfasst seien, für die der Betriebsrat keinerlei Mitbestimmungsrechte geltend machen könne.

 

Die Entscheidung

Die Arbeitgeberin unterlag mit dieser Ansicht in allen drei Instanzen.

Aus § 80 Abs. 1 Ziffer 4 BetrVG hat der Betriebsrat in Verbindung mit § 176 S. 1 und S. 2 Hs. 1, § 164 Abs. 4 Ziffer 1, 4 und 5 sowie Abs. 5 S. 3 SGB IX die Verpflichtung, die Eingliederung schwerbehinderter Menschen zu fördern, einschließlich der Förderung des Abschlusses von Inklusionsvereinbarungen. Diese Verpflichtung umfasst auch leitende Angestellte.

Das SGB IX unterscheidet nicht zwischen leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 BetrVG und anderen Arbeitnehmern. Auch das BetrVG spricht in § 80 Abs. 1 Ziffer 4 BetrVG ausdrücklich von allen „Menschen“ und damit auch von leitenden Angestellten.

Aus der betriebsverfassungsrechtlichen Zuständigkeit des Betriebsrates sind leitende Angestellte nach § 5 Abs. 3 S. 1 BetrVG nicht ausnahmslos herausgenommen, sondern wörtlich: „soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist“. Eine solche Ausnahme findet sich in § 80 Abs. 1 Ziffer 4 BetrVG.

Auch der Schutz von Menschen mit Schwerbehinderungen und ihnen gleichgestellter spreche für ihre Einbeziehung in den Schutz durch den Betriebsrat.

 

Ist die Arbeitgeberin – wie hier – der Auffassung, der Betriebsrat verfüge über kein hinreichendes Datenschutzkonzept, so kann dies zwar einer gerichtlichen Durchsetzung eines Auskunftsanspruchs des Betriebsrates entgegenstehen (so bereits BAG, Beschl. v. 09.04.2019 – 1 ABR 51/17). Wenn der Betriebsrat besonders sensible und nach Art. 9 DS-GVO besonders geschützte Kategorien personenbezogener Daten verarbeitet, muss er über ein geeignetes, angemessenes und mit spezifischen Maßnahmen versehenes Datenschutzkonzept verfügen. Bezweifelt die Arbeitgeberin ein solches, darf sie nicht schlicht die begehrte Auskunft verweigern. Sie ist dann vielmehr aus § 79a S. 3 BetrVG verpflichtet, den Betriebsrat in der Verbesserung seines Datenschutzkonzeptes aktiv zu unterstützen.  

 

Praxistipps

· Der Betriebsrat kann nicht verlangen, dass die Arbeitgeberin Mitarbeiter aktiv nach ihrer Schwerbehinderung fragt. Sein Auskunftsverlangen beschränkt sich auf die der Arbeitgeberin bekannten Namen und Daten.

· Sein Auskunftsbegehren sollte der Betriebsrat wie folgt formulieren: „Die Arbeitgeberin wird gebeten/unter Fristsetzung bis zum … aufgefordert, dem Betriebsrat Anzahl und Namen der in dem Betrieb  beschäftigten schwerbehinderten und gleichgestellten Menschen im Sinn des § 2 SGBX IX mitzuteilen.“

· Wenn der Betriebsrat die Wahl der Schwerbehindertenvertretung unterstützt oder sie in ihrer Amtsausübung berät, bezieht er leitende Angestellte umfassend mit ein.

· Soweit Arbeitsplätze oder der Betriebsablauf daraufhin untersucht werden, ob sie für Menschen mit Schwerbehinderung geeignet ausgestaltet sind, wird der Betriebsrat stets auch die leitenden Angestellten im Blick behalten.

· Wenn eine Inklusionsvereinbarung abgeschlossen wird, sind in ihrem persönlichen Geltungsbereich ausdrücklich leitende Angestellte aufzunehmen. Diese sind sonst fast immer ausdrücklich ausgenommen.

· Um seine betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben erfüllen zu können, benötigt ein Betriebsrat zwingend ein geeignetes und konkretes Datenschutzkonzept. Im ersten Schritt hilft ein Verarbeitungsverzeichnis personenbezogener Daten. Ohne ein solches kann er kaum noch Aufgaben des BetrVG erfüllen.

Dr. Daniel Wall
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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